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Geleitwort von Prof. Dr. Emil Platen zur 1. Schallplatte mit Aufnahmen des Collegium musicum 1968

Musik war seit der Gründung der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität ein Teil ihres Wesens. Mit dem Einzug m das einstige churkölnische Residenzschloß in Bonn übernahm die neue Hochschule unausgesprochen auch die Verpflichtung, die reiche musikalische Tradition eines Hauses fortzuführen, das bis kurz zuvor die Wirkungsstätte der kurfürstlichen Hofkapelle war.

Durch Persönlichkeiten wie Pez, dall’Abaco, Neefe, Ries, Reicha, Romberg und den jungen Beethoven hatte die Bonner Residenz musikhistorische Bedeutung erhalten. Die Universität hat im Laufe der 150 Jahre ihres Bestehens die musikalische Tradition im Rahmen ihrer jeweiligen Möglichkeiten weitergeführt, wenn auch die Geschichte des akademischen Musiklebens in bezug auf seine Repräsentanten und die Ausstrahlung ihres Wirkens wechselvoll ist.

Eine Schallplatte kann begreiflicherweise nur den gegenwärtigen Stand dieser Entwicklung darstellen. Musik in der Universität Bonn wird heute vorwiegend durch das Collegium musicum verkörpert. Diese Musiziergemeinschaft entwickelte sich in kurzer Zeit aus einer kleinen Gruppe von Studierenden der Musikwissenschaft und anderer Fächer zu einer vielfältigen Institution, in deren Rahmen etwa 160 Studenten aller Fakultäten je nach Neigung und Können in Chor, Orchester oder Kammermusikensembles mitwirken.

Die hier zusammengestellten Aufnahmen halten einiges fest, was in den letzten Jahren in den wiedererrichteten Räumen der einstigen Bonner Residenz von Studenten der heutigen Universität musiziert wurde. Der Wunsch vieler Mitwirkender und Zuhörer, durch eine solche Schallplatte beglückende, aber ihrer Natur nach vergängliche Ereignisse wenigstens ausschnittweise wieder aufleben zu lassen, gab den eigentlichen Anstoß zu dieser Sammlung. Sie soll aber zugleich allen, die diese Arbeit nicht aus eigener Anschauung kennen, einen Eindruck von dem vermitteln, was hier angestrebt und was erreicht wurde.

Die Auswahl der Werke – von vielen Faktoren abhängig – ist zwangsläufig lückenhaft. Tonaufnahmen vieler Konzerte fehlen oder sind nicht mehr zugänglich, andere weisen technische Mängel auf. Trotzdem wird man aus der Zusammenstellung die Akzente der musikalischen Arbeit erkennen können:

Einmal die Schwerpunkte des Repertoires: BACH und seine Zeit, MOZART, die MUSIK des 20. JAHRHUNDERTS, soweit sie für Amateurmusiker technisch erreichbar ist, zum ändern die Bedeutung der großen Chorwerke für das Zusammenwirken aller Musizierenden, wobei der einzelne sich seinen Fähigkeiten entsprechend in das Ganze einordnet, und schließlich die Rolle der Kammermusik als Möglichkeit einer Synthese von individueller Leistung und Gemeinschaftsarbeit.

Die Aufnahmen sind zum weitaus größten Teil nicht im Studio entstanden, sondern während der Konzerte mitgeschnitten worden. Mit dem bewußten Verzicht auf Perfektion, der einem solchen Ensemble ohnehin auferlegt ist, gewinnen sie an Unmittelbarkeit und vermitteln so vielleicht etwas von der Atmosphäre des Einverständnisses zwischen Ausführenden und Zuhörern, die den eigentlichen Reiz dieser Konzerte ausmacht. Es ist deshalb wesentlich, daß auf diesen Aufnahmen auch das Publikum präsent ist, dessen Interesse und Begeisterungsfähigkeit dem aktiven Musizieren stets entscheidende Impulse gab. Nur indirekt zu hören ist der architektonische Rahmen, durch den die hier erklingende Musik entscheidend mitgeprägt wird: die Aula mit ihren beiden Orgeln, der Festsaal, die Schloßkirche, der Theatersaal und die Innenhöfe. Mit diesem Musizieren wird aber auch deutlich, daß hier im musischen Bereich ein Ziel verwirklicht ist, um das gerade heute in anderen Sektoren unseres Hochschulwesens so engagiert gerungen wird: eine echte Zusammenarbeit von Lehrenden und Lernenden.